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Zwangsarbeit im Faschismus

Einleitung
„Ich war in ihrem Unternehmen als Sklavin (…) beschäftigt.“ Die  Zwangsarbeiterin Janina R. in ihrem Brief an die Firma Rheinmetall nach dem  Krieg.

Im kleinen Ort Unterlüß, zwischen Celle und Uelzen gelegen, war in den Kriegsjahren 1939-1945 der ganze „Kosmos“ betrieblicher Zwangsarbeit zu finden. Lager für Arbeiter:innen aus verschiedenen Ländern, je nach rassistischer Einordnung mit unterschiedlichem Status, Kriegsgefangene, ein Säuglingsheim, ein Arbeits- und Erziehungslager (AEL) der Gestapo und ein Außenlager des Konzentrationslagers Bergen-Belsen. Die Einrichtungen waren, bis auf einige kleinere Unterkünfte, unmittelbar mit dem Werk
verbunden. Die Insass:innen dieser unterschiedlichen Lager arbeiteten im oder für das Rheinmetallwerk.

Während des Camps, welches das antimilitaristische Bündnis „Rheinmetall-Entwaffnen“ 2018 am Rüstungsstandort in Unterlüß veranstaltete, fand ein erstes gemeinsames Gedenken am Ort des ehemaligen KZ-Außenlagers Tannenberg statt. Nach dieser Erfahrung und dem für aus anderen Städten kommenden Menschen neuem Wissen über die örtliche Geschichte, wurde das Thema 2019 zu einem der inhaltlichen Schwerpunkte des nächsten Camps gemacht. Es gab eine provisorische Ausstellung und eine Abendveranstaltung auf dem Zeltplatz. Am Standort des Außenlagers wurde im Rahmen einer kleinen Gedenkfeier ein Stein gesetzt und auf dem Rückweg in das 6 Kilometer entfernte Unterlüß der Weg markiert, den die Häftlinge damals täglich ins Werk zurücklegen mussten. Wenige Tage, beziehungsweise zum Teil schon Stunden später, waren alle Objekte vollkommen zerstört oder gestohlen. Dies alles dokumentiert die von uns danach erstellte Ausstellung und das dazugehörige Begleitheft „Zwangsarbeit bei Rheinmetall z.B. KZ Tannenberg, Unterlüß“.

Der folgende Text entstand während der weiteren Recherche und ist auf zwei Beiträge geteilt als Begleitprogramm zur Ausstellung gedacht. Hier in einer leicht erweiterten Form und durch Quellen- und Literaturhinweise ergänzt. Möglichst oft sollten die  überlebenden Zwangsarbeiter:innen selbst zu Wort kommen. Im Gegensatz zu den Nachkriegsaussagen von Täter:innen, zum Teil im Verlauf von Strafverfolgungsmaßnahmen, sind die Aussagen der Opfer wirklich verlässliche Quellen, bei denen aber durchaus mal ein Eigenname oder Datum durcheinander gerät. Alle waren durch ihre Erlebnisse traumatisiert. Zum Teil haben sie ihre Erinnerungen erst nach vielen Jahren niedergeschrieben. Ein weiterer Aspekt dabei ist, den Betroffenen eine Stimme zu geben. Die Erzählung im Nachkriegsdeutschland war die der Täter:innen. Zum Teil bis heute. Im Folgenden werden Überlebende der Zwangsarbeit in Unterlüß und anderen Rheinmetall Standorten zitiert. Ansonsten Menschen denen das selbe an einem anderen Ort passiert ist. Die Strukturen und Abläufe im System der Zwangsarbeit waren immer gleich. Alles war durch Gesetze, Vorschriften und schriftliche Anweisungen genau geregelt. Die ausführenden Institutionen waren immer die gleichen. Deshalb unterscheiden sich die Erfahrungsberichte der Überlebenden oft nur durch Zeit und Ort. So ist es möglich, an einem konkreten Beispiel einen Blick auf das ganze System der Ausbeutung und Vernichtung zu werfen.

Der Einfachheit halber wird im Text von der Firma Rheinmetall gesprochen, auch wenn sie nach der Übernahme der insolventen Borsig AG von Anfang 1936 bis 1955 Rheinmetall-Borsig hieß. Ein sehr großer Standort kam neu in das Unternehmen. Das historische Borsig-Fabrikationsgelände in Berlin-Tegel. Die bisherigen Stammwerke waren Düsseldorf, Unterlüß und Sömmerda in Thüringen.

Wenn in der weiblichen Form von z.B. Arbeiter:innen die Rede ist sind alle Geschlechteridentitäten gemeint, bei Gefangenen und Häftlingen ebenso. Alles andere ergibt sich aus dem Zusammenhang oder wird im Text deutlich.

Wir freuen uns über Kritik, Anregungen und Korrekturen.
Rheinmetall entwaffnen-RheinMain
Mail: rheinmetall-entwaffnen-rheinmain@riseup.net
www: weg-der-erinnerung.solikom.de