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2016-07-31_Resume

> Krieg. Macht. Flucht.

war-starts-here-Camp 2016

Sonntag, 31. Juli 2016

Eine Woche intensiver Begegnung mit kriegerischen Verhältnissen und deren Folgen geht für die 150 Teilnehmer*innen des war-starts-here-Camps 2016 zu Ende. Mit aller Entschiedenheit sprechen sie sich gegen alle Versuche aus, die Trennung der Befugnisse von Polizei und Militär weiter aufzuweichen. Eine bessere Verbindung zwischen der Unterstützung von Geflüchteten und antimilitaristischem Engagement wurde in die Wege geleitet.

Versuch eines Resumés

  • Wir sind zufrieden.

Veranstaltungen wie das war-starts-here-Camp sollen Kristallisationspunkt sein für soziale Bewegung; sie sollen die Arbeit der Menschen und Gruppen befruchten, die sich im Alltag engagieren für eine Welt ohne Militär und Krieg. Ein Impuls dafür kann gesetzt werden durch spektakuläre Aktion; er kann aber auch erreicht werden durch intensive Begegnung und inhaltliche Vertiefung. In diesem Jahr hatten wir uns für das zweite entschieden. In einer großen Auswertungsrunde zum Abschluss des Camps machten die Teilnehmenden deutlich, dass dies gelungen ist.

  • Wir wollen mehr werden.

Wenn wir im Vorfeld die Pläne für das diesjährige Camp vorgestellt haben, war die Reaktion durchweg positiv. Nicht nur die thematische Ausrichtung „Krieg. Macht. Flucht.“ wurde begrüßt, sondern auch die konkrete Ausgestaltung des Programms. Wir waren darauf eingestellt, dass 250 Menschen oder auch mehr auf der Wiese in Parleib einen angemessenen Rahmen vorfinden. Diese Erwartung hat sich nicht erfüllt. Im Lauf der Woche haben etwa 150 Leute mit uns gezeltet, diskutiert und gegessen. Am Aktionstag beteiligten sich circa 100 weitere Personen; zum Teil waren die für den Tag zum Beispiel aus dem Wendland oder aus Leipzig angereist, zum Teil waren das Menschen aus der Region, die sich wie wir gegen eine militärische Nutzung der Colbitz-Letzlinger Heide engagieren. Nach wie vor halten wir die fortschreitende und durchdringende Militarisierung der Gesellschaft für so wichtig, dass wir nicht für Hunderte, sondern für Tausende den Rahmen für selbstverantwortetes widerständiges Handeln bereiten müssen. Das Gefechtsübungszentrum Altmark bleibt weiterhin der richtige Ort dafür.

  • „ja. Wir stören!“

stand über dem Aufruf zum Aktionstag. Durch ihre Beteiligung haben die Menschen deutlich gemacht, dass sie es als legitim ansehen, dem reibungslosen Ablauf entschieden entgegenzutreten, wenn Krieg vorbereitet und geübt wird. Der Standort hat den Übungsbetrieb in den Wochen rings um die Campzeit vorsorglich eingestellt, damit die Möglichkeit von Störungen gar nicht sichtbar wird. Das bestärkt uns darin, dass wir an der richtigen Stelle angesetzt haben: eine glänzende Attraktivitätskampagne der Bundeswehr soll keine Kratzer bekommen. Genau daran arbeiten wir.

  • Militäreinsätze im Inneren

Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht drängt darauf, dass Militär und Polizei zu gemeinsamen Übungen antreten. Mit aller Deutlichkeit treten wir solchen Vorschlägen entgegen. „Solche Zusammenarbeit zwischen Polizei und Militär ist verfassungswidrig und erinnert an Praktiken von diktatorischen Regimen“ urteilt Heinz. „Bisher wurde immer konsequent abgestritten, dass in Schnöggersburg eine militarisierte Aufstandsbekämpfung geplant sei, aber offensichtlich gibt es Gedankenspiele, letzte Grenzen für Bundeswehreinsätze im Innern zu Fall zu bringen. Wenn diese Baustelle verfassungsfeindlichen Zielen dient, muss die Weiterarbeit dort sofort abgebrochen werden“ fordert Helmut Adolf von der Bürgerinitiative OFFENe HEIDe.

  • In einer ungerecht aufgeteilten Welt gibt es keine Sicherheit.

„Das Pferd wird mit solchen Vorschlägen von der falschen Seite aufgezäumt.“ ergänzt Carla. „Sicherheit lässt sich nicht durch anders organisierte und gebündelte Repression gewinnen. Stattdessen müssen die Ursachen für Krieg und Attentate beseitigt werden. Die Einsätze der Bundeswehr sind kein Beitrag dazu, sondern sie wirken im Gegenteil verschärfend, indem sie die weltweiten Ungerechtigkeiten militärisch stützen. Die Colbitz-Letzlinger Heide muss nicht intensiver zu Übungszwecken genutzt werden, sondern gar nicht.“

Schon im Aufruf für das Camp heißt es dazu:“ Mit politischer und wirtschaftlicher Macht, und immer mehr auch mit militärischen Mitteln, wird die „Versorgungssicherheit“ – und das heißt im Klartext: die unendliche Ausbeutung von Mensch und Natur und der Fluss der Warenströme,  nicht aber: eine gute Versorgung der Menschen – weltweit sichergestellt. Es geht in Zeiten permanenter Krisen um die Aufrechterhaltung des herrschenden Weltwirtschafts­systems. (…) Die Folgen der Politik der kapitalistischen Industriestaaten werden mit militärischer Abschottung und neuen Kriegen bekämpft – obwohl die Vergangenheit gezeigt hat, dass der Kampf gegen den „Terror“ nicht mit militärischen Mitteln gewonnen werden kann. Frieden und Freiheit lassen sich nicht herbeibomben.“

  • Antimilitarismus und Antirassismus gehören zusammen.

In vielen Einzelveranstaltungen wurde nachvollziehbar, was Krieg und Flucht bedeuten: aus Rojawa, aus Syrien, aus Israel-Palästina, aus Nigeria, aus Dagestan, aus Afghanistan waren Menschen gekommen, die wissen, wovon sie reden, wenn sie von kriegerischen Verhältnissen und von Rassismus sprechen, weil sie es erlebt haben und auch hier Tag für Tag hautnah erleben. Die Begegnungen waren beeindruckend und haben gezeigt: es ist notwendig, dass antimilitaristisches Engagement mit antirassistischer Arbeit eng verknüpft sein muss. Die Gelegenheit zur engeren Vernetzung wurde genutzt.

Gegen eine der Referentinnen habe ein Haftbefehl vorgelegen, hieß es von Seiten der Polizei zu einer stundenlang ausgeweiteten Kontrolle der „women in exile“, die ihre Bustour durch die Bundesrepublik auf dem war-starts-here-camp gestartet hatten. Dieses Statement illustriert auf unerträgliche Weise die grundlegende Rechtlosigkeit, der sich Geflüchtete in der Bundesrepublik ausgesetzt sehen: nach Gutdünken der einzelnen Beamten kann jede kleine rechtliche Unstimmigkeit aufgebauscht werden und zu willkürlicher Maßnahme wie der Verweigerung von Kontakten oder zur Unterbindung der freien Bewegung führen. Die Campteilnehmer*innen sehen die Notwendigkeit, Strukturen zur besseren Unterstützung von Betroffenen zu schaffen.